Künstler Wolfgang M. Heckl

Heckl, Wolfgang Martin, Prof. Dr. rer. nat. habil

Generaldirektor des Deutschen Museums und Inhaber des Oskar von Miller Lehrstuhls für Wissenschaftskommunikation an der TU München, Physiker, Maler, Autodidakt, neue Stilrichtung: Molekülismus, Nano-Graffiti (Bilder aus einzelnen Molekülen); *10.9.1958 Parsberg;

Ateliers in München und Partenkirchen, Mitglied der Kunstgilde Parsberg
Werkverzeichnis in:
SCIENCE&ART, Wolfgang M. Heckl, 2012 ISBN: 978-3-940396-36-5)

Literatur:
Wolfgang M. Heckl, “Die Nanoskala – Schlüssel zum Verständnis der Natur,” in:
Barbara Könches, Peter Weibel (eds.), unSICHTBARes. Kunst_Wissenschaft, Benteli, Bern, 2004;
Wolfgang M. Heckl, “Das Unsichtbare sichtbar machen – Nanowissenschft als
Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts,” in: Christa Maar, Hubert Burda (eds.), Iconic Turn.
Die neue Macht der Bilder, DuMont, Cologne, 2004.
Wolfgang M. Heckl, • Moleculism, in Molecular Aestetics, eds. Peter Weibel and Ljiljana Fruk, Center for Art and Media Karlsruhe, Deutschland, Deutschland, Mit University Press Group Ltd, 2013

„Wolfgang M. Heckl ist als Nanowissenschaftler und Künstler ein kreativer Grenzgänger im Bereich Science&Art, der seine Art des Malens auf molekulare Selbstorganisationsprozesse zurückführt und damit einen neuen Stil begründet hat, den er Molekülismus nennt. Wissenschaft beginnt dort, wo die natürliche Wahrnehmung aufhört. Heckl hat es verstanden, die Formenwelt, die uns die apparative Perzeption erschließt, qua Malerei in den Horizont der natürlichen Wahrnehmung zu transportieren. Seine molekularen Kompositionen schaffen eine neue Dialektik jenseits von Abstraktion und Figuration.“

Prof. Dr. h.c. mult. Peter Weibel

Vorstand | Chairman and CEO

///////  / |<  ||| | ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe

Prof. Dr. h.c. mult. Peter Weibel

Anlässlich der Ausstellungseröffnung Wolfgang M. Heckl: Molekülismus,

Schloß Mistelbach bei Wien, 24. August 2018

(Transkript)

Herr Prof. Heckl ist heuer 60 Jahre alt geworden. Da kann man ihm gratulieren.

(Prof. Heckl: noch nicht ganz, es fehlen noch 14 Tage, deshalb sehe ich noch so jung aus.)

Nach seinem Studium als Biophysiker im Bereich der Nanowissenschaften also der Wissenschaften der kleinsten Teilchen die es im Kosmos gibt, hat er sich spezialisiert auf Mikroskope, sogenannte Rastertunnelmikroskope, und ist seit 2004 als Inhaber des Oskar von Miller Lehrstuhls für Wissenschaftskommunikation an der TU München gleichzeitig Direktor des erfolgreichsten Museums in Deutschland, des Deutschen Museums in München, mit eineinhalb Millionen Besuchern im Jahr.

Herr Heckl hat nach seinem Studium in München zusammengearbeitet mit der IBM Forschergruppe unter Prof. Gerd Binnig, der den Nobelpreis für Physik für die Entwicklung des Rastertunnelmikroskops erhalten hat. Heckl hat viele Preise erhalten, darunter den Philip Morris Preis.

Er ist verzeichnet im Guinnesbuch der Rekorde, weil er das kleinste Loch der Welt geschaffen hat. Darauf kommen wir noch zurück.

Darüber hinaus hat er noch viele andere Preise erhalten, unter anderem auch die Ehrung durch das Bundesverdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland.

Heckls Arbeit ist relativ provokant!

Was macht seine Arbeit provokant?

Das Provokante an seiner Arbeit besteht darin, dass sie zunächst einmal Fragen an den Begriff der Ästhetik stellt.

Nun, wie kommt es überhaupt zu Wissenschaft und Kunst?

Man muss sagen: Das Wort Ästhetik kommt aus dem griechischen Wort aísthēsis, und das heißt nichts anderes als Wahrnehmung. Das ist eine Lehre von der Wahrnehmung und noch keine Lehre von der Kunst! Erst später dann um 1800, also erst vor etwa 200 Jahren, wurde plötzlich aus der Wahrnehmungstheorie eine ästhetische Theorie:

Nämlich die Theorie des Schönen!

Daraufhin erfolgten dann die Gründungen der berühmten, sogenannten Akademien der schönen Künste, -der bildenden Künste oder -in Paris- der Académie des Beaux-Arts.

Aber seit Picasso im vergangenen Jahrhundert wissen wir teilweise, dass wir im Reich der nicht so schönen Künste wohnen. Man hat aufgehört von den Akademien der schönen Künste zu sprechen, weil die Leute zurecht sagten, da wird ja nichts mehr Schönes gelehrt. Dann hat man auch die Namen der Hochschulen gewechselt, z.B. in Hochschule für Akademie und Gestaltung. Vom Bauhaus in Weimar und Dessau bis nach Ulm spricht man im zwanzigsten Jahrhundert nur noch von der Hochschule für Gestaltung.

Als ich im Jahr 1984 die erste Medienklasse ganz Europas an der Universität für Angewandte Kunst in Wien gegründet habe, wurde gefragt: Was ist das eigentlich, was Sie da machen, mit Medien?  Da habe ich gesagt, Medienkunst und Kunst ist das keine. Da haben die gesagt: Jetzt haben wir zwar visuelle Medien, aber das ist zu wenig. Ihr müsst das „visuelle Mediengestaltung“ nennen.

Das heißt also, der Gestaltungsbegriff ist heute wichtig geworden, nicht mehr nur das Schöne!

Und dann ist noch etwas passiert:

Die Griechen haben unterschieden zwischen einer Wissensform, die man Episteme nannte – das waren die sprachbasierten Wissenschaften Mathematik, Geometrie, Grammatik und Rhetorik – und den handwerklichen Sachen für die Sklaven, also Architektur, Malerei, Skulptur, Ackerbau – das war die Technik.

Die Römer haben daraus dann den Begriff der Artes Liberales geschaffen, der freien Künste.

Gemeint war damit nicht, dass die Kunst frei wäre, sondern gemeint war eine Kunst für die freien Bürger, die die Sklaven nicht machen durften.

Unter Artes Liberales haben sie also nicht das verstanden, was wir heute als Kunst verstehen, sondern das Gegenteil: Wissenschaft, Geometrie, Mathematik, Rhetorik, Grammatik.

Erst um 1800 wurden die Artes Liberales zur Lehre von den Künsten.

Erst vor 200 Jahren also!

Vorher waren die Künste etwas Minderwertiges, etwas Technisches, Handwerkliches.

Aber es gab einen der sich dagegen aufgelehnt hat, das war Leonardo da Vinci (1452-1519) um 1500.

Leonardo da Vinci hat ein berühmtes Buch geschrieben, das erst 150 Jahre später von seinen Nachkommen publiziert werden durfte, weil es zu radikal war. Er hat gesagt, ihm ist es unerträglich, dass er heruntergestellt wird auf das Niveau von Handwerkern.

Darum hat er den berühmten Satz gesagt:

„Malerei ist eine Wissenschaft“ – wortwörtlich – „La pittura è una scienza”.

Sie sehen also, Malerei, Kunst und Wissenschaft waren sich eigentlich schon einmal nahe. Malerei ist eine Wissenschaft, nämlich [so Leonardo] die Wissenschaft, die mit den Mitteln des Malers Linie, Punkt, Fläche und Scheinvolumen die Welt der sichtbaren Gegenstände darstellt, also die sichtbaren Formen der Gegenstandswelt: Was ich sehe, das stelle ich mit diesen Mitteln dar: Punkt, Linie, Fläche. Leonardo hat nicht von „Farbe“ gesprochen.

Und dann hat Leonardo gesagt: Der Einzige, der das kann, eine cosa mentale, eine geistige Arbeit, das ist der Maler!

Der Bildhauer arbeitet immer noch mit der Hand, er ist ein Techniker, er macht sich schmutzig. Der Architekt macht sich schmutzig. Sogar der Musiker – er spielt ein Instrument mit den Händen – macht sich schmutzig. Bildhauer, Architekt, Musiker sollen unten bleiben in der Hierarchie.  Aber ich, der Maler, steige auf von der Technik zur Episteme, also zur Wissenschaft. Das war der Anspruch! [1]

Und daraus entstand die Renaissance mit ihren großartigen Werken von Jan Vermeer (1632-1675) bis zu Diego Velázquez (1599-1660).

Die Renaissance war eine Verwissenschaftlichung der Kunst. Genau das war sie.

Im Grunde haben wir Jahrhunderte lang eine Nähe von Wissenschaft und Kunst gehabt!

Diese ist dann gebrochen worden durch die Moderne um 1900.

Damals entstand das berühmte Buch von Wassily Kandinsky (1866-1944) Punkt und Linie zu Fläche (1926).

Kandinsky wiederholt den ersten Satz von Leonardo. Den zweiten Teil streicht er: er spricht nicht mehr von Punkt, Linie und Fläche zur Darstellung der sichtbaren Welt.

Kandinsky sagt: Nein, mir genügt die Darstellung der Darstellungsmittel. Die Linie ist Linie, der Punkt ist Punkt und die Fläche ist Fläche. Das Ganze ist Selbstdarstellung der Darstellungsmittel, die Darstellungsmittel dienen nicht mehr der Darstellung der Welt.

Und dann kommt das nächste Problem:

Paul Klee (1879-1940) hat schon gesagt, wir müssen als Künstler das Unsichtbare sichtbar machen.  Er hat dabei an die Seele gedacht, an das Geistige, an die Expression dessen, was nicht sichtbar ist, an das Psychologische.[2]

Dieser Punkt, diese Spannung zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem, war nun also im Raum. Und nun beginnt es spannend zu werden:

Tatsächlich und ganz offensichtlich nämlich haben die Maler sich ja darauf beschränkt unter dem Sichtbaren nur das oder den Horizont zu verstehen, den unsere natürlichen Augen sehen. Der Maler, sei er zu Hause, im Atelier oder im Freien, malt immer das, was seine Augen sehen. Er sieht also nur die Formen, die er sieht mit seinen natürlichen Organen.

Der Wissenschaftler aber, und das wissen Sie, der arbeitet schon seit dem 17. Jahrhundert mit etwas anderem: durch die Einführung des Mikroskops.

Die Wissenschaft, so kann man sagen, beginnt dort, wo die Perzeption, genauer gesagt die natürliche Wahrnehmung endet. Die Maler bleiben in der natürlichen Wahrnehmung.

Malerei gibt das wieder, was man ohnehin schon gesehen hat. Es ist doch viel interessanter, das zu malen, was in Pisa res invisibiles, „die unsichtbaren Dinge“ geheißen hat.

Und diese „unsichtbaren Dinge“ kann ich nur sehen mit Apparaten.

Robert Hook (1635-1702/03) und Antoni van Leeuwenhook (1632-1723) haben entdeckt, dass man mit dem Mikroskop etwas sehen kann – und das ist der Beginn der Wissenschaft, der Neuzeit – was man mit dem Auge nicht sehen kann. Das war der Triumphzug der Wissenschaft.

Für sein erstes Buch hat von Hook Korken von Weinflaschen unter dem Mikroskop angesehen und hat gesehen, dass dessen Löcher wie Zellen aussehen, und zwar nicht wie Zellen von Mönchen in Klöstern und in der Architektur: deshalb haben wir heute die Zellbiologie!

Lange Zeit hat die Zelle als das kleinste Element des Lebens gegolten. Darum hat Rudolf  Virchow (1821-1902) um 1900 (1855) gesagt omnis cellula e cellula, alles Leben besteht aus Zellen, alles Leben entsteht aus Zellen durch Zellteilung. Das war der Stand des 19. Jahrhunderts.

Das Buch von Hook über die kleinsten Dinge, die Hook sehen konnte, hat geheißen Micrographia (1655): Das heißt „Grafik des Kleinsten“.

Hook war also eigentlich ein Künstler. Heute haben wir viele Grafikblätter, allerhand von Grafik, aber die Wissenschaft hat auch Grafik gemacht. Die Wissenschaftler haben das aufgezeichnet, was sie gesehen haben mit dem Apparat.

Was Heckl heute macht, ist gewissermaßen im Wissen, dass die Zelle nicht das Kleinste ist, sondern die kleinsten Teile sind Moleküle, Atome und so weiter. Deshalb können wir sagen, sein Hauptwerk, das er noch schreiben muss, das heißt dann Nanographia.

Das heißt, Heckl setzt die Arbeit der Wissenschaft und die Beschäftigung mit den kleinsten Dingen fort – deswegen hat er auch das kleinste Loch der Welt und das dort fehlende kleinste Teilchen, das Nanopartikel, fotografiert mit den erwähnten Rastermikroskopen.

Heckl führt gewissermaßen auf der einen Seite die Forderungen der Naturwissenschaften von heute fort.

Und dann macht er aber etwas sehr Interessantes:

Bereits Leonardo hat ja gewusst, dass das, was er sieht, nicht genügt. Er hat einen Arm angeschaut und gesagt, die Form des Armes die ich sehe ist bestimmt von einer Welt dahinter. Also muss ich sezieren.

Nur dann, wenn ich weiß, was sich unter der Haut verbirgt, also sehe, was sich meinem Sehen entzieht (ich sehe die Oberfläche der Haut, ich muss mehr wissen, ich muss durch das Skalpell herausfinden, was sich dahinter verbirgt), erst dann kann ich einen Mann oder eine Frau richtig zeichnen oder malen.

Also ist Leonardo mit dem Skalpell unter die Oberfläche gegangen.

Der Wissenschaftler heute und Heckl haben ein sanftes Skalpell.

Heckl nimmt optische Mikroskope. Er muss die Haut nicht aufschneiden.

Sie haben ja hier in der Nähe in einem Museum einen Künstler, der heißt Nitsch[3], der ist ein bisserl infantiler und regressiv, der schneidet halt heute noch die Haut auf mit dem alten Skalpell.  Modern ist es, die Haut aufzuschneiden mit dem unsichtbaren Skalpell der Mikroskopie. Das ist fortschrittlich. Das andere ist ein bisserl so, wie vor Leonardo. Es ist Handwerk. Über den Rest müssen wir nicht reden. Wenn es um die Technik geht, da wartet er. Wir könnten ja heute schon mit sanften Skalpellen arbeiten.

Und danach kam eben zu dieser Art Nanographie Heckls Malerei der Moleküle.

Heckl nennt diese selbst in einem Manifest Molekulismus.

Das heißt, er setzt an bei einem Großteil des Erfahrungsschatzes der Menschheit in der Renaissance und ist damit – so kann man sagen – ein Maler einer kommenden Zeit, die wirklich kommen wird.  Wir nennen diese Zeit dann Renaissance 2.0.

Wir haben eine Renaissance hinter uns, aber wir machen auch eine Renaissance vor uns: Denn viele, viele Künstler mittlerweile – Fotografen, Videokünstler, Computerkünstler – arbeiten ja nicht mehr mit dem Pinsel, sondern mit Maschinen!

Das heißt, der moderne Künstler arbeitet in der Hauptsache mit Maschinen, von der Fotografie bis zur Videokamera und zur Filmkamera.

Die Apparate der Wissenschaft und die Apparate der Künstler gleichen sich an.

In dieser Bewegung der Renaissance 2.0 ist Herr Prof. Heckl ein wichtiger Proponent!

Es ist eine Provokation der Altästhetik, aber ein Versprechen an die Neuästhetik, wenn er uns den Weg zeigt, den wir gemeinsam als Künstler gehen werden.

Er verbindet die besten Errungenschaften der Renaissance mit den besten Errungenschaften der Moderne:

In der Ausstellung werden Sie es sehen:

Man muss das so sagen und man sieht das auch deutlich: Früher hat man gesprochen von der Lokalfarbe. Wenn sie ein Pferd gemalt haben, dann war das Pferd braun. Als Maler hat man dann gesagt, mir ist die Farbe wichtiger, als der Gegenstand: das Pferd muss nicht braun sein, es kann auch blau sein. Deshalb gibt es die blauen Pferde. Das heißt, die Farbe, die bisher an den Gegenstand gebunden war, wurde vom Gegenstand gelöst und wurde zur absoluten Farbe. Damit konnte man den Himmel pink malen und den Fluss grün:

Die Farbe war frei!

Und diese Errungenschaften der Moderne, die macht Heckl auch.

Er verwendet eine vollkommen freie Farbe, die absolute Farbe!

Umso wichtiger ist es, dass er uns hier eine neue Form der Malerei zeigen kann:

In der Ausstellung haben Sie ein schönes Gemälde, das sieht aus wie eine Landschaft.

Es beschäftigt sich aber in Wirklichkeit mit dem Ursprung des Lebens.

Der Ursprung des Lebens geht zurück auf die Selbstorganisationsprozesse von Molekülen. Das heißt, in bestimmten Gemälden sieht Heckl wie ein Apparat, wie das funktioniert, wie Moleküle sich selbst organisieren zu bestimmten Formen und Gestalten, also das alte Problem:

Wie kann ich die sichtbare Form der Gegenstände darstellen, aber das Sichtbare sehe ich nur durch die Maschine, nicht mehr durch das bloße Auge.

Und dann beginnt der Gestaltungsprozess, indem er sagt:

Das habe ich jetzt gesehen, die Anordnung der Moleküle und weitere Details, und nun gestalte ich als Maler selbst was sich in Selbstorganisation gestaltet hat.

Gewissermaßen setzt er als Maler die Lebensprozesse fort! Er versteht sich selbst als Synkinese.

Er ist Teil der Natur, die sich selbst darstellt. Das ist neu!

Nicht mit dem Standpunkt: „Aha, da ist ein Baum, ich bin draußen.“ Sondern als Physiker: „Ich bin Teil des Systems, das ich sehe. Bin Teil des Systems, das ich beobachte. Ich kann mich nicht herausnehmen!“

Das ist eine ganz neue Form der Biologie, die wir dringlich brauchen. Solange wir die Natur als Außenseiter betrachten, als unseren Feind, werden wir sie nicht schützen.

Wir müssen wissen: Wir sind ein Teil der Natur, und die Natur ist ein Teil von uns!

Und diese Anschauung, die kann man sehr gut sehen, in seiner Malerei.

Farbpartikel bestehen ja auch aus Molekülen und Atomen.

Durch deren millionenfache Vergrößerung mit seinen Apparaten macht er wiederum etwas sichtbar, was für uns unsichtbar ist.

Und wenn er etwas dann einmal vergrößert und damit festgehalten hat, dann gestaltet er es wieder frei.

Heckl durchläuft einen mehrfachen Prozess der Gestaltung, er lässt einen Teil des malerischen Prozesses sich selbst gestalten – die Moleküle haben die Chance, sich selbst zu gestalten.

Dadurch entsteht eine neue künstlerische Form, auch im wissenschaftlichen Bereich, die wichtig ist für die Zukunft!

[1]Trattato della Pittura (da Vinci)/Parte prima/1. Se la pittura è scienza o no, S.: Scienza è detto quel discorso mentale il quale ha origine da’ suoi ultimi principî, de’ quali in natura null’altra cosa si può trovare che sia parte di essa scienza, come nella quantità continua, cioè la scienza di geometria, la quale, cominciando dalla superficie de’ corpi, si trova avere origine nella linea, termine di essa superficie; ed in questo non restiamo satisfatti, perché noi conosciamo la linea aver termine nel punto, ed il punto esser quello del quale null’altra cosa può esser minore. Adunque il punto è il primo principio della geometria; e niuna altra cosa può essere né in natura, né in mente umana, che possa dare principio al punto. Perché se tu dirai nel contatto fatto sopra una superficie da un’ultima acuità della punta dello stile, quello essere creazione del punto, questo non è vero; ma diremo questo tale contatto essere una superficie che circonda il suo mezzo, ed in esso mezzo è la residenza del punto, e tal punto non è della materia di essa superficie, né lui, né tutti i punti dell’universo sono in potenza ancorché sieno uniti, né, dato che si potessero unire, comporrebbero parte alcuna d’una superficie. E dato che tu t’immaginassi un tutto essere composto da mille punti, qui dividendo alcuna parte da essa quantità di mille, si può dire molto bene che tal parte sia eguale al suo tutto. E questo si prova con lo zero ovver nulla, cioè la decima figura dell’aritmetica, per la quale si figura un O per esso nullo; il quale, posto dopo la unità, le farà dire dieci, e se ne porrai due dopo tale unità, dirà cento, e cosí infinitamente crescerà sempre dieci volte il numero dov’esso si aggiunge; e lui in sé non vale altro che nulla, e tutti i nulli dell’universo sono eguali ad un sol nulla in quanto alla loro sostanza e valore. Nessuna umana investigazione si può dimandare vera scienza, se essa non passa per le matematiche dimostrazioni; e se tu dirai che le scienze, che principiano e finiscono nella mente, abbiano verità, questo non si concede, ma si nega per molte ragioni; e prima, che in tali discorsi mentali non accade esperienza, senza la quale nulla dà di sé certezza;                                https://it.wikisource.org/wiki/Trattato_della_Pittura_(da_Vinci)/Parte_prima/1._Se_la_pittura_%C3%A8_scienza_o_no, Zugriff 16.04.2019

[2] Siehe Klee, Paul, Schöperische Konfession, Berlin 1029, S. 28f, Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern Kunst macht sichtbar. https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/1c/Schoepferische_Konfession_-_Paul_Klee.pdf, Zugriff 16.04.2019

[3] Hermann Nitsch (geb. 1938 in Wien), Vertreter des Wiener Aktionismus

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von Dr. Christoph von  Braun, 2011

Wolfgang M. Heckls Art zu malen ist eine extreme Weiterführung des französischen Pointillismus des ausgehenden 19. Jhd. bei Malern wie z. B. George Seurrat oder Paul Signac. Diese bauten nach streng geometrischen Regeln aus einzelnen Punkten reiner Farben, die also nicht auf der Palette gemischt wurden, eine Gesamtkomposition verschiedener Farben und Formen auf, die erst aus der entfernten Betrachtung als solche zu erkennen sind.

Dadurch meinten sie, die Menge Licht in den Gemälden maximieren zu können, was sie wiederum in den wissenschaftlichen Theorien Michel Eugéne Chevreuls, eines Chemikers und Farbtheoretikers, begründet sahen. Indem der Betrachter an das Bild herantritt, kann er sich von dem sichtbar Dargestellten zu dessen Einzelelementen vorarbeiten. Das lässt sich als Entsprechung zu Heckls Verbindung zwischen Makro- und Nanowelt verstehen.

Leitgedanke in Wolfgang M. Heckls Arbeiten ist das Sichtbarmachen. Wir sehen verbildlichte Prozesse seines Arbeitsalltags und seines Privatlebens mit Anleihen/Parallelen/Inspirationen aus der Kunst. Man sieht DNA-Stränge, Moleküle, Blutplättchen, Lipide, Abstrakte – daneben aber auch Bilder aus seinem privaten Bereich wie Urlaub, Porträts von Menschen aus seinem Umfeld, Murnauer und Garmischer Impressionen oder Meereslandschaften, alles vermischt mit der Bildsprache expressionistisch und abstrakt arbeitender Künstler, daneben aber auch solarisierte Fotographien, Mikroskopien, eher Dokumentationen als künstlerischer Ausdruck. Picknick neben Weltraum, Bucky Balls neben Milano Marittima, Bilder vom Strand neben der Doppelhelix.

Was verbindet das alles? Man sucht den roten Faden, die Kohärenz und findet sie – vermutlich – in Wolfgang M. Heckls Gehirn und Seele: All diese persönlichen Dinge, Eindrücke, Gedanken, Erlebnisse, Erfahrungen, seine Vielfalt, sein enormes Wissen, sie müssen alle heraus, auf welche Weise auch immer.

In diesem Sinne ist Heckl Sammler seiner eigenen verbildlichten Gedanken, Ergebnisse und Emotionen. Er lässt uns an ihnen teilhaben. Mehr aber auch nicht. Er ist ein Künstler, wie er es auch von sich selbst sagt, dem die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Kunst am Herzen liegt. Sein wissenschaftlicher Kosmos findet Ausdruck in seinen künstlerischen Arbeiten, in welcher Form auch immer, Molecular Art, naive Malerei, expressionistisch, spielerisch, Kreide, Kohle, in dem er das Unsichtbare sichtbar macht oder am Sichtbaren das  Wesentliche zeigt. Das ist seine Leistung, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Es ist genuiner Ausdruck dessen, was er als kunstschaffender Wissenschaftler leisten kann. Er spannt einen weiten, sehr weiten Bogen.

Schaut man sich Heckls Arbeiten an fällt vor allem eines auf: sie sind breit gefächert sowohl im Hinblick auf Medien, die er verwendet (Computer neben Sitzkissen in der Form von Molekülen neben klassischen Acrylbildern,neben photographischen Arbeiten) als auch der Sujets (Landscha.ften, Blumen, Porträts, Nanophysikalisches). Er nennt einige künstlerische Einflüsse an denen er sich sehr orientiert hat, Jackson Pollock, Miro, die Pointilisten. Wenn man sein Werk anschaut, sieht man noch eine Reihe anderer, die er aber nicht nennt.

Im Bild „Blaues Pferd“ z. B. erkennt man Anspielungen formal sowohl an Wassilij Kandinsky (Landschaft), wie auch an Franz Marc (das gedrehte Pferd im Vordergrund). Besonders Kandinsky hat sich gerade in seinen späteren Arbeiten auf nahezu wissenschaftliche Art mit der Ästhetik auseinander gesetzt (namentlich der Musik und der Übersetzung von Klängen in Formen und Farben).

Erwähnt man Musik und Formen und Farben, kann man an Heckls Toninstallation „Atomare Klangwelten“ nicht vorbei. Mir liegt dieses Werk unter anderem deshalb am Herzen, weil seine Entstehung und die zugrundeliegende Forschung durch die Andrea von Braun Stiftung gefördert wurde.

Künstler-Biographie:

Heckl, Wolfgang Martin, Prof. Dr. rer. nat. habilGeneraldirektor des Deutschen Museums und Inhaber des Oskar von Miller Lehrstuhls für Wissenschaftskommunikation an der TU München,  Physiker, Maler, Autodidakt, neue Stilrichtung: Molekularismus, Nano-Graffiti (Bilder aus einzelnen Molekülen); *10.9.1958 Parsberg;Ateliers in München und Partenkirchen,Auszeichnungen: 1993 Philip Morris Forschungspreis, 2002 Communicator-
Preis, 2004 René Descartes Preis, Bundesverdienstkreuz am Bande,
Landkreismedaille des LK Neumarkt/Opf.
Werke: 
Seit 1999 im Gschwandtnerbauer, Partenkirchen; Galerie Benkert,
Partenkirchen (bis 2010), Veröffentlichungen: CD Atomare Klangwelten, Fernsehen: 3Sat 26.3.2000 „Hitech“, Arte 29.8.2000 „Archimedes“; Literatur: „Messer und Spachtel für Moleküle“ in Spektrum der Wissenschaft, 12/1999, Seite 106-108; Der Spiegel 35/2000; Faszination Bionik, 2006, Hrg. Kurt Blüchel, Seite 392-399
Werkverzeichnis:
Wolfgang M. Heckl, Science & Art, 2011, 2012 (ISBN: 978-3-940396-36-5
Gemeinschaftskatalog zum 20-jährigen Bestehen der Kunstgilde Parsberg, 2008, S. 60-65
Künstlerbiographie im Werdenfelser Künstlerlexikon „Das Blaue Land“, 2011, Hrsg. Ralf BenkertMitglied in der Kunstgilde Parsberg seit 2005

Gemeinschaftsausstellungen:
1996:    Landesgartenschau Neumarkt
1997:    Installation Atomare Klangwelten: München und Wien
(gefördert durch die Andrea von Braun Stiftung, München)
2005:    Jahresausstellung der Kunstgilde im Burgmuseum Parsberg
2006:    Vic le Compte, Frankreich
2006:    Jahresausstellung der Kunstgilde im Burgmuseum Parsberg
2007:    München inspiriert, Ausstellung anlässlich der 850 Jahrfeier von München im Literaturhaus
2007:    Jahresausstellung der Kunstgilde im Burgmuseum Parsberg
2008:    Jahresausstellung der Kunstgilde im Burgmuseum Parsberg
2009:    Zeitgenössische Bildende Kunst: Amberg 2009
2009:    Jahresausstellung der Kunstgilde im Burgmuseum Parsberg
2010:    Kunst-Genuß: München Allach
2010:    Jahresausstellung der Kunstgilde im Burgmuseum Parsberg
2010:    Impressionen aus der Oberpfalz, Strassburg
2011:    Jahresausstellung der Kunstgilde im Burgmuseum Parsberg
2012:    Jahresausstellung der Kunstgilde im Burgmuseum Parsberg
2013:    Kunstgilde Parsberg im Europaparlament in Brüssel
2014:    Jahresausstellung der   Kunstgilde im Burgmuseum Parsberg
2015:    Jahresausstellung der Kunstgilde im Burgmuseum Parsberg  
2016:    Jahresausstellung der Kunstgilde im Burgmuseum Parsberg  
2017:    Jahresausstellung der Kunstgilde im Burgmuseum Parsberg
2018:    Jubiläumsausstellung 30 Jahre Kunstgilde Parsberg
                                  
Einzelausstellungen:                                                                                                                       
2011:    Science & Art, München, Residenz am Hofgarten
2012:    Moleküle in der Landschaft, Studio La Cave München
Galerie: www.hoto-berlin.deAls Naturwissenschaftler und Physiker bin ich begeistert von der Kreativität der Natur, die wir zu verstehen suchen, die wir aber auch selbst brauchen um Naturerkenntnis zu erlangen.
2018:    Lovis Corinth Museum, Urfeld am Walchensee
              Katalog zum herunterladen HIER
2018:    Molekülismus, Neumarkt/Opf.                                                           
2018:    Molekülismus, Schloß Mistelbach bei Wien                                    
2018:    Molekülismus, Garching, 150  Jahre  TUM
Wolfgang M. Heckl über seine Kunst
Ein Ausdruck dieser Kreativität ist bei mir auch das künstlerische Schaffen, bei dem ich oft die mit Hilfe meiner Mikroskopie gewonnenen neuen Einsichten in die Nanowelt der Atome und Moleküle, insbesondere im Bereich der Lebenswelt in das Kunstwerk zu übertragen versuche.
Dies geschieht hauptsächlich durch mit Acrylfarben gemalten Bildern, aber auch durch Installationen oder Bild/Ton Dokumente wie z. B. „Atomare Klangwelten“, das mit einem mathematischen Algorithmus Bilddaten in Tonwerte und umgekehrt übersetzt. Diesen umfassenden Ansatz, der sich nicht allein etwa auf eine spezielle Maltechnik bezieht, und der die innige Verbindung zwischen der Makrowelt, in der wir leben, und der immer zu Grunde liegenden Nanowelt zum Ausdruck bringen will nenne ich „Molekulismus“. Letzlich ist ja jedes Bild mit Farben aus Molekülen gemalt. Zum Teil entstehen Arbeiten, bei denen ich mit einer atomar spitzen Nadel einzelne Moleküle so arrangiere, dass nach etwa hundertmillionenfacher Vergrößerung durch das Rastertunnelmikroskop ein Gemälde zu erkennen sind; ein Beispiel hierfür ist die Arbeit „Lachender Hai“ oder die Arbeit „Kleinstes Loch der Welt“, die im das Guinnes Book of Records seit 1993 verzeichnet ist. Grundsätzlich spielen viele Arbeiten mit der Visualisierung der innigen Verbindung zwischen der Makrowelt in der wir leben, und der zu Grunde liegenden Welt des Nanokosmos. Als künstlerische Vorbilder könnte ich die Pointillisten, aber auch Miro oder
Sidney Pollack nennen. Letztlich muß aber jeder Maler nach seinen Fähigkeiten und Neigungen, und dem Wunsch gemäß, was er ausdrücken will, seinen eigenen Stil finden.Ich möchte mit meiner Kunst eine Brücke schlagen von der wunderbaren Kreativität der selbstorganisierten atomaren und molekularen Natur im Nanokleinen und der unfassbaren Weite des ebensowunderbar organisierten Kosmos im Großen zur alltäglich für uns Menschen erfassbaren Lebenswelt durch die Freude am schönen Bild, das Erkenntnis ermöglichen soll.
Im Streit der beiden Kulturen – der Natur- und Kulturwissenschaften – hat sich seit der gleichnamigen berühmten Rede des Lord Snow von 1959 heute viel geändert. Auch von einer dritten Kultur ist längst die Rede. Im Sinn von John Brockman, formuliert in dessen gleichnamigen Buch von 1995, ist es die Popularisierung der Wissenschaften, die den Dialog der beiden Kulturen ermöglicht. Ich sehe allerdings einen Dreh- und Angelpunkt in einem expliziten Verständnis der Kreativität und deren Praxis in beiden Kulturen. Kreativität ist die innere Brücke zwischen Science und Art, der Moment des Schaffens von ganz Neuem, durch Erkenntnis und durch handwerkliches Tun. Mein verehrter Lehrer Gerd Binnig hat diesem Phänomen beider Kulturen große Aufmerksamkeit und einige Bücher gewidmet. Nach seinem Nobelpreis 1986 hat er sich bis heute verstärkt der bildenden Kunst gewidmet.